In diesem Post «Merkmale von Projektarbeiten in der Schule», beleuchte ich konkret die Durchführung von Projektarbeiten in Schulen.
Projekte im Unterricht erfordern eine eigene Vorgehensmethodik und weisen eine gewisse Komplexität auf. Der Verlauf sowie die Didaktik im Projektunterricht unterscheiden sich klar vom regulären Unterricht. Dabei ist die Herangehensweise und Evaluation eines Projektes für den Wissenserwerb ebenso wichtig wie das erstellten von Produkten. Der Projektunterricht soll die SuS vor komplexere Aufgaben stellen und sie auf das Lösen von Problemen im Arbeitsalltag vorbereiten. Die Evaluation eines Projekts (Reflexion, Erfahrungsaustausch und Schlussfolgerungen) hilft den SuS, neue Perspektiven und Erkenntnisse zu erhalten. Die Erkenntnisse fliessen im Idealfall wieder in zukünftige Projekte ein (Wottreng & König, 2016, S. 110f.).
Um ein Projekt erfolgreich aufzubauen und zu etablieren, beschreibt Gudjons im Standartwerk “Handlungsorientiert lehren und lernen” insgesamt vier Projektschritte mit unterschiedlichen Merkmalen, die in der Durchführung zu berücksichtigen sind:
Projektschritt 1: Situationsbezug, Interdisziplinarität und gesellschaftliche Relevanz
Der Situationsbezug spielt in der Projektarbeit eine wichtige Rolle. Das Projekt soll eine Fragestellung aufweisen, die mit dem «echten Leben» zu tun hat. Dabei kann der Situationsbezug durchaus fachübergreifend sein und muss nicht auf ein Fachgebiet oder Aspekt beschränkt werden. Vielmehr sollte die Projektarbeit ein Schnittpunkt zu verschiedenen Fachdisziplinen darstellen und die Mehrperspektivität akzentuieren. Wichtig dabei ist zu eruieren, ob der gewählte Situationsbezug geeignet ist für den Erwerb von Erfahrung und Wissen ist. Allerdings sollte die Situation bei einem Projekt neuartig sein und dennoch an vorangegangenes Wissen anknüpfen. Neben dem Situationsbezug spielt die gesellschaftliche Relevanz bei der Projektwahl ein zentrales Element. Ein Projekt soll die Gesellschaft und das Umfeld der SuS konstruktiv mitgestalten und verbessern. Dem vorausgehend ist oft ein Mangel oder ein Bedürfnis vorhanden, woraus Handlungsperspektiven zur Optimierung der Situation entwickelt werden sollen. Dabei weist der Projektunterricht bereits an sich eine gesellschaftliche Relevanz auf, da durch ihn eine Methode zur Problemlösung kennengelernt wird (Gudjons, 2014, S. 79ff.).
Projektschritt 2: Planung und Selbstorganisation
Bei der Planung von Projektarbeiten sollten die Lehrpersonen gemeinsam mit den SuS einen Plan entwickeln, wie das gemeinsame Ziel erreicht werden kann. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Ausarbeitung eines Plans ein demokratischer Prozess ist und zur persönlichen Entwicklung aller Beteiligten beiträgt (vgl. Kapitel 2.2). Im Projektunterricht steht nicht nur das Handeln und die Produkte im Zentrum, sondern auch die Planung an sich. Die SuS sollen lernen, dass eine sorgfältige Planung fundamental für das Arbeiten in Projekten ist. Dazu gehören ein Ablaufplan und die Aufteilung von Arbeitsschritten und einzelnen Tätigkeiten. Ausserdem müssen die Aufgaben im Team verteilt und das Zeitmanagement für die Ausarbeitung der Endprodukte geplant werden. Um den breiten Anforderungen gerecht zu werden, ist ein hohes Mass an Selbstorganisation und Selbstverantwortung gefordert. Die SuS sollen keine ausführenden Arbeitsanweisungen abhandeln, sondern Eigeninitiative für eine selbständige Arbeitsweise ergreifen. Dabei spielt die Lehrperson eine zentrale Rolle. Sie plant die Selbstorganisation der SuS, hilft unterstützend, greift notfalls ein und revidiert gemeinsam mit den SuS die Planung und Arbeitsschritte (Gudjons, 2014, S. 83f.).
Projektschritt 3: Handlungsorientiertes und soziales lernen
Nach dem Einbezug der gesellschaftlichen Relevanz und der gemeinsamen Planung folgt die handlungsbezogene Auseinandersetzung mit dem Themenbereich. Dabei ist es wünschenswert, verschiedene Sinne und Handlungsformen in die Projektarbeit einzubeziehen und die gelernte Theorie mit der Praxis zu verknüpfen. Beim Ausarbeiten der Produkte ist ausserdem die Gruppendynamik zentral, denn bei der Projektarbeit sind soziale Lernprozesse erforderlich. Die Sozialkompetenz der SuS trägt wesentlich zum Erfolg des Projektes bei. Neben der Kommunikation sind die Interaktion, das Lernen voneinander und miteinander, Umgangsformen sowie die Gleichberechtigung (demokratische Verkehrsformen) relevant (Gudjons, 2014, S. 84ff.).
Projektschritt 4: Produktorientierung
Am Ende eines Projektes stehen die Ergebnisse. Diese können als Produkte oder als verschriftlichte Erfahrungsberichte zugänglich gemacht werden. Wesentlich dabei ist, dass die Ergebnisse öffentlich gemacht werden und durch andere Peers diese beurteilen können. Dies kann in Form einer Ausstellung oder einer Präsentation der Produkte erfolgen. Wichtig dabei ist, dass die Beurteilungen und Kritiken zum Produkt in Bezug auf die definierte Fragestellung erfolgt. Dadurch können die SuS überprüfen, ob die Ziele des Projektes erreicht wurden oder ob die Feedbacks zurück in die Verbesserung der Produkte fliessen müssen. Dabei ist anzumerken, dass nicht das Endprodukt der Projektarbeit entscheiden ist, sondern der Prozess, der zum Endprodukt führt. Durch die Art und Weise der Wissenserarbeitung (vielfältige Bezüge und Anwendungsmöglichkeiten) wird ein anwendungsfähiges und kein träges, statisches Wissen geschaffen (Gudjons, 2014, S. 86f.).
Grenzen im Projektunterricht
Schwierigkeiten und Grenzen sind auch dem Projektunterricht gesetzt. Insbesondere die Vielschichtigkeit und Komplexität von Projekten macht es schwierig, die Methode im Unterricht zu etablieren. Daher ist es sinnvoll, vor dem Projektunterricht die inhaltlichen und fachlichen Kenntnisse, welche für die Arbeit in einem Projekt erforderlich sind, systematisch zu vermitteln. Dabei können sich die SuS ein Grundwissen und eine geeignete Systematik, vor der eigentlichen Projektarbeit, aneignen. Gezielte Instruktionsphasen während dem Projektunterricht sollen sicherstellen, dass die geforderten methodischen Aspekte behandelt werden. So können die SuS selbstkorrigierend auf defizitäre Aspekte der Projektarbeit reagieren. Jedoch sind diese Massnahmen mit Nachteilen gekoppelt. Durch die vorangegangene, fachliche Vertiefung kann die Motivation der SuS schwinden, weil dadurch das eigene Erfahren und Ausprobieren vorweggenommen wird. Auch die Instruktionsphasen können den Nachteil aufweisen, dass der Prozess der selbständigen Arbeitsweise durch die Interaktionen der Lehrperson als störend empfunden werden kann. Zumal die Selbständigkeit dadurch eingeschränkt wird und die Interaktionen zu einem Zeitverlust in der selbständigen Arbeitsweise führt. Auch die Bewertungsform in Projektarbeiten ist schwierig. Hier stellt sich die Frage, ob das Produkt oder der Lernerfolg im Zentrum der Bewertung steht und wie die Messbarkeit der Beurteilung erfolgen soll (Gudjons, 2014, S. 89ff.).
Aus den oben beschriebenen Projektschritten geht für mich klar hervor, dass Projekte im Unterricht komplexe Gefüge sind und vom “regulären Unterricht” abweichen. Bei der Vorgehensmethodik müssen ausserdem unterschiedliche Schritte in die Projektarbeit miteinbezogen werden, damit die Projektarbeit erfolgreich verläuft.
Die konkrete durchführung von Projekten in der Schule werde ich in einem späteren Post beleuchten.
Quellen:
Gudjons, H. (2014). Handlungsorientiert lehren und lernen (8. Ausg.). Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Wottreng, S., & König, A. (2016). Handbuch Handlungskompetenz (2 Ausg.). Mörschwil: KLV Verlag AG
Bilder: